18.04.2020
Machbarkeitswahn entlarvt
- Gedanken zur verschobenen Erstkommunion und dem „Sonntag der Barmherzigkeit“
(erschienen unter „Über den Kirchturm hinaus“ in Rheinpfalz, Lokalausgabe Ludwigshafen, 18.04.2020)
Eigentlich gingen morgen viele Kinder zur Heiligen Erstkommunion. Lange haben sie sich auf diese im Leben einmalige Feier vorbereitet und gefreut. Wann sie nachgeholt werden kann, ist noch ungewiss - wie so vieles in diesen Tagen. Über die Frage, wie und wann wieder Gottesdienste möglich werden, führen die Kirchen auf Bundes- und Landesebene mit den Regierenden Gespräche.
Vielen stellen sich auch lebenswichtige Fragen: Wie werde ich diese Zeit überleben – wirtschaftlich, gesundheitlich und …? Wie wird mein Leben danach aussehen? Wie wollen wir überhaupt leben? So wie früher, als Dringendes das Wichtige in unserem Leben beherrschte? Oder anders: menschlicher, solidarischer, geschwisterlicher, auch christlicher? Im Januar 2019 – in meinem letzten Beitrag an dieser Stelle – schrieb ich über das Neuanfangen-Wollen, auch im Blick auf die aus dem Alten Testament weitergeführte Vision Jesu von einer Welt, in der wirklich alle menschenwürdig leben können.
Manchen mag diese Corona-Zeit verrückt erscheinen. Aber war nicht unser „altes Leben“ in Schieflage gekommen, das jetzt durch den Stillstand wieder geradegerückt wird? Mir scheint, dass wir jetzt das wahre Leben wiedererkennen, in dem gegenseitige Hilfe, Achtsamkeit und Schutz der Schwächsten im Mittelpunkt sind. Natürlich sehen wir auch das Gegenteil, wie Menschen oder Firmen Probleme auf die Schwächsten abwälzen und diese doppelt getroffen werden – wie zum Beispiel die Textilarbeiter*innen, die nun statt wenig, gar kein Geld bekommen.
Zurzeit wird der Machbarkeitswahn „alles in der Hand zu haben“, als Illusion entlarvt. Da ist die Botschaft des morgigen Sonntags der Barmherzigkeit für mich aktuell. Gott sagt jedem Menschen zu: „Ich nehme dich in barmherziger Liebe an, mit all deinen Ecken und Kanten, in deiner Zerbrechlichkeit und Gebrochenheit. Du bist in meiner Hand geborgen!“ Oder aus Sicht des Psalms 31: „In deiner Hand steht meine Zeit.“